„Kroatien wird ein Stück Balkan mitbringen"
ostpol: Welche Aussagen über Kroatien wolltest Du mit Deinem Tagebuch transportieren?
Marijana Miljkovic: Ich wollte ein realistisches Bild Kroatiens zeigen, die Probleme, Freuden, Themen, mit denen sich die Menschen auseinandersetzen. Diese haben mit dem politischen Akt des EU-Beitritts vielleicht nur am Rande zu tun, aber sollten zeigen, das die Menschen vor und hinter der EU-Grenze ja doch ähnlich ticken.
Was kommt in der Berichterstattung über Kroatien zu kurz?
Miljkovic: Das Positive - doch das ist bei Nachrichten generell der Fall. Etwa, dass es Menschen gibt, die Korruption offen anprangern und sich als Whistleblower zusammenschließen. Oder darüber, dass es in der kroatischen Gesellschaft durchaus zu Veränderungen gekommen ist: Sowohl was den Nationalismus betrifft, der an den Rand gedrängt wurde, als auch Minderheitenrechte.
Der EU-Beitritt Kroatiens wird im Westen mit Skepsis betrachtet. Wie siehst Du von Deiner Perspektive den Beitritt?
Miljkovic: Die Mängel Kroatiens kann und soll man nicht verschweigen, meistens ist die Kritik berechtigt. Kroatiens Politik hat vor den wirtschaftlichen und nationalen Problemen zu lange den Kopf in den Sand gesteckt und hat jetzt sehr wenig Zeit, um negative Trends umzukehren. Die Politiker haben sich auch nicht darum gekümmert, den EU-Beitritt und die Verhandlungen transparent zu führen. Die Bürger fühlen sich überfordert und in manchen Bereichen auch hintergangen. Meiner Meinung nach kann Kroatien aus dem Beitritt aber viel machen, und wenn es die richtigen Signale setzt, den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen.
Wie ist die Stimmung im Land so kurz vor dem Beitritt?
Miljkovic: Nicht sehr euphorisch, aber doch hoffnungsvoll. Die Meinungen sind auch sehr von der wirtschaftlichen Lage, sowohl in Kroatien, als auch in der EU geprägt. Vielleicht ist das auch gut, denn die Kroaten haben nun ein realistisches Bild von der EU und wissen, dass auch dort nicht Milch und Honig fließen.
Inwiefern kann Kroatien die EU bereichern?
Miljkovic: Kroatien wird ein Stück Balkan mitbringen, im positivsten Sinne. Denn es wird vielleicht helfen, Vorurteile gegenüber den anderen Ländern, Bosnien und Herzegowina oder Serbien abzubauen. Dann fallen hoffentlich auch die Schranken, auch diesen Ländern eine realistische EU-Perspektive zu geben.