Flop der „Preußischen Treuhand“
Berlin (n-ost) – Mit großer Erleichterung haben deutsche Politiker auf die Absage der für diesen Donnerstag geplanten Pressekonferenz der „Preußischen Treuhand“ in Berlin reagiert. „Ich begrüße das. Die `Preußische Treuhand´ hätte mit ihrem aggressiven Auftreten dem polnischen Präsidentschaftskandidaten Lech Kaczynski noch mehr Wähler beschert“, sagte Erwin Marschewski, Sprecher der Vertriebenengruppe der Unions-Bundestagsfraktion dieser Zeitung. „Die Treuhand ist Wasser auf den Mühlen der deutschfeindlichen Kräfte in Polen.“ Ihr Treiben sei „rechtlich und politisch falsch“.
Eigentlich wollte der Aufsichtsratsvorsitzende der Treuhand, Rudi Pawelka (65), im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz verkünden: „Jetzt geht es los.“ Endlich hatte er einen namhaften Anwalt gefunden, um angebliche Eigentumsansprüche von deutschen Vertriebenen in Polen durchzusetzen – schon Anfang 2004 hatte die Treuhand großspurig Klagen angekündigt. Doch daraus wird erst einmal nichts. Der beauftragte Anwalt Matthias Druba (40) von der Kanzlei Schwarz Kelwing stieg zwei Tage vor dem geplanten großen Auftritt vor Journalisten aus. Der Termin fällt einfach aus.
Druba, der zuletzt erfolgreich die Erben der jüdischen Kaufmannsfamilie Wertheim vertrat, führte „übergeordnete Gründe“ für seinen Rückzug an: „Ich kann der Sache mit juristischen Schritten nicht wirklich dienen“, sagte er dieser Zeitung und Verwies auf die „Verkrampfung auf polnischer wie deutscher Seite“. Klagen auf Rückgabe einstigen Eigentums oder Entschädigung seien „nicht sinnvoll“. Bereits Ende 2004 war die Zusammenarbeit der Treuhand mit dem Berliner Anwalt Michael Witti, der als Vertreter der NS-Zwangsarbeiter bekannt wurde, gescheitert. »Das hätte auch zu unserer übrigen Mandantschaft nicht gepasst«, erklärte Witti jetzt dieser Zeitung.
Pawelka, der auch Bundesvorsitzender der Schlesischen Landsmannschaft und CDU-Stadtrat in Leverkusen ist, gibt freilich nicht auf. Das Projekt, ehemalige deutschen Besitz von Polen zurückzufordern, sei nicht in Gefahr. Fast 1.000 Leute hätten mindestens eine 50 Eure teure Treuhand-Aktie gekauft. Außerdem gebe es viele weitere Spender.
Brisanz gewann die geplante Treuhand-Pressekonferenz durch die Stichwahl für das Amt des polnischen Staatspräsidenten am übernächsten Sonntag (23. Oktober). Der Rechtspopulist
Kaczynski stilisiert sich gerne zum besten Verteidiger der nationalen Interessen Polens. Im vorigen Jahr präsentierte er als Antwort auf die von Pawelka angekündigten Schadenersatzklagen eine Gegenrechnung: Er forderte als Warschauer Bürgermeister von der
Bundesregierung Reparationen in der Höhe von 40 Milliarden Dollar für die im Zweiten Weltkrieg durch Deutsche völlig zerstörte Hauptstadt.
Eine Abgeordnete von Kaczynskis Partei „Recht und Gerechtigkeit“ hatte als Reaktion auf die angekündigten deutschen Klagen auch eine „Polnische Treuhand“ gegründet. Bei den Parlamentswahlen Ende September zog Dorota Arciszewka-Mielewczyk nun in den Senat, das polnische Oberhaus, ein. Für sie stimmten in ihrem Wahlkreis Gdynia (Gedingen) bei Danzig 32,7 Prozent. Der Berliner Anwalt der „Polnischen Treuhand“, Stefan Hambura, sagte dieser Zeitung: „Notfalls werden auch wir weitere Klagen erheben. Ich denke aber, dass wir uns eigentlich 60 Jahre nach dem Krieg nicht mehr in die Sache vertiefen sollten.“
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