Neuer Investor bereitet Kopfschmerzen
Katar assoziierten Polen früher nur mit einer Erkältung – denn so heißt „Schnupfen“ auf Polnisch. Doch in den vergangenen Wochen wurde auch die zweite Bedeutung in Polen bekannt. Diese verursacht jedoch genauso viele Kopfschmerzen wie ein Schnupfen. Denn Investoren aus dem früher unbekannten arabischen Land Katar sollten die polnischen Werften in Stettin und Gdingen retten, was noch im Mai als großer Erfolg der Regierung gefeiert wurde. Doch stattdessen haben sich die Katarer in der Luft aufgelöst und das polnische Kabinett in eine tiefe Krise gestürzt.„Die Firma Stichting Particulier Fonds Greenrights hat das Geld für die beiden Werften nicht überwiesen“, informierte am Dienstag früh das Schatzministerium.
Am Montag, genau um Mitternacht, war die Frist für die Zahlung abgelaufen, bereits die zweite. Ursprünglich sollte der katarische Investor am 21. Juli 381 Millionen Zlotys (ca. 90 Millionen Euro) für die Werften in Stettin und Gdingen nach Warschau schicken. Der Verkauf war unumgänglich geworden, weil die Schiffbauer die hohen staatlichen Subventionen – wie von der EU gefordert – nicht zurückzahlen konnten. Bei einer Schließung wären tausende Arbeitsplätze verloren gegangen.Der Investor präsentierte im Mai einen Produktionsplan, der vorsah, die Mehrheit der Beschäftigten zu behalten. Das hörte man in Polen gern und begrüßte den neuen Besitzer mit offenen Armen. Die Regierung hatte keine andere Wahl, denn das Angebot aus Katar war das einzige.
Da machte es niemandem, auch nicht der polnischen Regierung, etwas aus, dass der Investor anonym blieb – bis heute.Mehrmals musste Warschau Aussagen zur Identität des Investors gegenüber der Presse revidieren. Zuletzt geschehen Anfang Juli, als erklärt wurde, der Investor sei die größte Bank Katars, Qinvest. Später stellte sich heraus, dass diese Bank lediglich die Transaktion für seinen geheimen Kunden betreut. Sicher war lediglich, dass der Investor aus dem arabischen Öl-Land Katar stammt.An der ersten Verzögerung bei der Überweisung des Geldes hätte der geheimnisvolle „Verein zum Schutz der Werft” schuld, erklärte Schatzminister Aleksander Grad zunächst. Einige ehemalige Mitarbeiter und Gewerkschafter der Stettiner Werft haben sich in der Organisation zusammengetan und einen Brief an die Investorenbank in Katar gerichtet. Darin erklären sie, dass die Werft früher zur Geldwäsche genutzt worden sei. Religiöse Gründe würden den strengen Moslems verwehren, das Geschäft abzuwickeln.
Für Minister Grad ist dieser Brief eindeutige Sabotage, die darauf abzielt, das Geschäft nicht zustande kommen zu lassen. Bis zum 17. August hatte sich der Investor Bedenkzeit erbeten. Es seien noch zusätzliche rechtliche Überprüfungen nötig, hieß es. Wie die Überprüfungen gelaufen sind, ist unbekannt. Sicher ist nur, dass das Geld immer noch nicht eingegangen ist, auch nicht zu dem zweiten Termin. Der Investor habe sich nicht im Ministerium gemeldet, um die Verzögerung erklären.Stattdessen habe sich ein neuer potenzieller Investor gemeldet, und zwar aus Katar. „Der Botschafter hat uns einen offiziellen Vorschlag vorgelegt“, erklärte Schatzminister Aleksander Grad am Dienstag auf einer Pressekonferenz.
Angeblich soll der geheimnisvolle Investor Stichting Particulier Fonds Greenrights aus Katar von einem anderen katarischen Fonds als neuer Besitzer der polnischen Werften ersetzt werden. Qatar Investment Authority (QIA) ist auch mit Qinvest verbunden, jener Bank, die bereits in die bisher geplanten Transaktionen mit der polnischen Regierung verwickelt war. Zuletzt kaufte QIA ein großes Aktienpaket von Porsche. Der Vorsitzende von QIA ist gleichzeitig Ministerpräsident von Katar, Hamad bin Jassim bin Jabr Al Thani.Damit solle, laut Ministerium, zugesichert werden, dass es dieses Mal zum Abschluss der Transaktion kommen wird. „Wir hoffen stark darauf, auch darauf, dass die Produktion in den Werften weiter fortgesetzt wird“, hieß es gestern. Die Entscheidung werde bis zum 31. August von Katar endgültig getroffen. Bis dahin hat Polen Zeit von der EU-Kommission bekommen, neue Investoren für die Werften zu finden. Ansonsten müssen die Unternehmen rechtswidrig erhaltene Subventionen zurückzuzahlen. „Wir sind überzeugt, dass die Sache bis dahin erledigt sein wird“, versicherte Minister Grad. Trotzdem werde im Ministerium ein alternativer Plan ausgearbeitet.
Die Regierung würde dann auch Verlängerung des Termins bei der EU-Kommission beantragen und nach einem neuen Investor suchen.An eine Lösung glauben die Gewerkschaften der beiden liquidierten Werften trotzdem nicht mehr. „Wir wurden die ganze Zeit belogen“, sagte Jan Guminski aus der Gewerkschaft der Seewirtschaftsangestellten. „Die Transaktion mit Katar sollte ein großer Erfolg der Regierung gewesen sein. Aber inzwischen gibt es den Investor gar nicht mehr. Regierung und Ministerpräsident Tusk haben sich blamiert.“ Der Solidarnosc-Vorsitzende der Werft in Gdingen, Dariusz Adamski, äußerte sich gegenüber einem regionalen Radiosender genauso skeptisch. Er glaube nicht, dass die Regierung innerhalb von zwei Wochen einen neuen Investor findet. „Wir sind verloren“, fasste Adamski die Stimmung in der Werft zusammen. „Und das, obwohl wir seit Wochen von der Regierung mit Erfolgsgeschichten gefüttert worden sind.“Die Gewerkschaften und oppositionelle Politiker fordern deshalb immer lauter die Entlassung des Schatzministers Aleksander Grad.
Er sei verantwortlich für die gescheiterte Transaktion. Schon im Juli kündigte Ministerpräsident Tusk an, falls die Transaktion nicht abgeschlossen werde, verliere Grad sein Posten. Doch nicht allein der Schatzminister kann der gescheiterten Werft-Transaktion zum Opfer fallen. Immer öfter wird auch der Ministerpräsident kritisiert. Tusk hat sich in den Verhandlungen selbst engagiert, Details über seine persönlichen Gespräche mit der katarischen Regierung wurden öffentlich bekannt. Der Regierungschef hat auch schon mehrmals die Glaubwürdigkeit des einstigen Investors mit eigenen Worten bekräftigt. Jetzt droht ihm und seiner Regierung dafür die größte Krise seit dem Amtsantritt.